Das war der BKS-Management-Tag 2025

In einer Zeit geopolitischer Spannungen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und regulatorischer Herausforderungen versammelten sich führende Experten am 27. Februar 2025 zum BKS-Management-Tag 2025. Die hochkarätige Veranstaltung bot tiefgreifende Einblicke in die „Polykrisenmatrix“ unserer Zeit – von Trumps zweiter Amtszeit über die Folgen der Bundestagswahl bis hin zur Transformation des Bankensektors. Mit fesselnden Keynotes von Prof. Dr. Andrea Römmele, Kristina Trink und weiteren Branchenexperten wurden nicht nur die drängendsten Probleme analysiert, sondern auch Lösungsansätze für eine resiliente Zukunft skizziert.

Jürgen Sonder eröffnete den Management-Tag mit einer herzlichen Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und einem Dank an die Gastgeber PwC sowie die Sponsoren, insbesondere die Regis Gruppe. Er hob die langjährige Zusammenarbeit mit PwC hervor und würdigte die Unterstützung durch Gabi Regis für das Event. Mit einem Augenzwinkern richtete er sich an Prof. Dr. Christoph Schalast, den Moderator des Tages, und bezeichnete ihn als „Special One“, der nicht nur für die bewährte Moderation, sondern auch als Beiratsvorsitzender der BKS eine zentrale Rolle spiele.

Sonder betonte die Bedeutung des Management-Tages als Plattform für Austausch und Interaktion zu aktuellen Herausforderungen im Kreditmarkt. Er verwies auf die hochkarätigen Keynotes des Tages, insbesondere von Prof. Dr. Andrea Römmele, Kristina Trink und Prof. Dr.-Ing. habil. Gerhard Wunder, die verschiedene Perspektiven auf geopolitische, wirtschaftliche und technologische Entwicklungen bieten würden.

Inhaltlich ordnete Sonder den Tag in den Kontext einer „Polykrisenmatrix“ ein: Die vergangenen Jahre seien geprägt gewesen von Krisen wie der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg, der Energiekrise sowie Rezession und Inflation. Mit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten sei ein weiterer Risikofaktor hinzugekommen, der geopolitische Unsicherheiten verstärke. Auch die Bundestagswahl stelle eine Zäsur dar, da die neue Bundesregierung vor enormen Herausforderungen stehe – Herausforderungen, bei denen Wirtschaft und Finanzindustrie eine Schlüsselrolle spielen würden.

Prof. Dr. Christoph Schalast knüpfte an die Begrüßung von Jürgen Sonder an und begrüßte ebenfalls die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Räumlichkeiten von PwC Berlin. Er erinnerte an frühere Management-Tage, bei denen teilweise prophetische Vorträge gehalten wurden – etwa zu Beginn der Corona-Pandemie –, und äußerte seine Vorfreude auf die bevorstehenden Diskussionen.

Schalast hob hervor, dass das diesjährige Programm eine gelungene Mischung aus Fachthemen wie ESG-Risikomodellierung und Kreditregulierung sowie übergeordneten geopolitischen Fragestellungen biete. Besonders begrüßte er Prof. Dr. Andrea Römmele als erste Rednerin des Tages und würdigte ihre Expertise in transatlantischen Beziehungen sowie ihre profunde Kenntnis der politischen Entwicklungen in Deutschland.

Mit Blick auf Römmeles Vortrag betonte Schalast die Relevanz der beiden großen Themenkomplexe: Trumps zweite Amtszeit in den USA und deren strategische Auswirkungen sowie die Ergebnisse der Bundestagswahl in Deutschland mit ihren innen- und außenpolitischen Implikationen. Er zeigte sich gespannt darauf, wie Römmele diese Veränderungen analysieren würde – insbesondere vor dem Hintergrund eines wachsenden geopolitischen Drucks auf Europa.

Prof. Dr. Andrea Römmele von der Hertie School of Governance bot in ihrer Keynote eine tiefgreifende Analyse der politischen Landschaft nach der Bundestagswahl und der zweiten Amtszeit Donald Trumps. Mit eindringlichen Worten zeichnete sie das Bild einer Welt im Umbruch, die von einer Dekade der Disruptionen geprägt wurde – vom Brexit über die Flüchtlingskrise bis hin zum Ukraine-Krieg. Diese Ereignisse, so Römmele, hätten die globale Ordnung nachhaltig verändert und neue Herausforderungen geschaffen.

In ihrer Analyse charakterisierte Römmele Trumps zweite Amtszeit als strategischer und aggressiver, mit weitreichenden Folgen für die internationale Politik. Sie betonte die Notwendigkeit einer stärkeren europäischen Führungsrolle in diesem neuen geopolitischen Kontext, insbesondere angesichts eines geschwächten Frankreichs. Ihre Ausführungen zur Bundestagswahl offenbarten eine bemerkenswerte Verschiebung politischer Prioritäten: Während wirtschaftspolitische Fragen und das Thema Migration den Diskurs dominierten, traten ehemals zentrale Themen wie Klimaschutz in den Hintergrund. Besonders alarmierend sei die wachsende Unzufriedenheit junger Wähler, die zunehmend extreme Parteien unterstützen – ein Trend, der nach Römmeles Einschätzung die Demokratie langfristig gefährden könnte.

Mit Nachdruck plädierte die Politikwissenschaftlerin für eine klare politische Führung und ein positives demokratisches Narrativ. Ihr leidenschaftlicher Appell galt einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit und dem Mut zur Modernisierung, um den Herausforderungen der neuen Weltordnung effektiv zu begegnen. Die anschließende Diskussion griff zentrale Aspekte von Römmeles Vortrag auf und vertiefte sie. Die Debatte um Deutschlands künftige Rolle in der atomaren Abschreckung unterstrich die Notwendigkeit einer gesamteuropäischen Herangehensweise in sicherheitspolitischen Fragen. Teilnehmer diskutierten intensiv die Spannung zwischen föderalen Strukturen und der Notwendigkeit rascher Modernisierung, wobei Römmele zu mehr kommunaler Experimentierfreudigkeit und einer „Can-Do-Mentalität“ ermutigte.

Ein besonderer Fokus lag auf der Rolle der jungen Generation für die Zukunft der Demokratie. Trotz der offensichtlichen Herausforderungen zeigte sich Römmele optimistisch angesichts des vielfältigen gesellschaftlichen Engagements junger Menschen. Die Diskussion beleuchtete auch kritisch den schwindenden US-Einfluss in traditionellen Bereichen wie der Entwicklungshilfe und die zunehmende Verlagerung des amerikanischen Fokus auf den pazifischen Raum – eine Entwicklung, die neue Chancen, aber auch Risiken für Europa berge.

Die Veranstaltung gipfelte in einem eindringlichen Appell an alle Anwesenden, persönliche Verantwortung für die Stärkung der Demokratie zu übernehmen. Dieser Aufruf unterstrich nicht nur die Dringlichkeit der diskutierten Themen, sondern ermutigte die Teilnehmer auch zum aktiven Handeln. Römmeles Analyse und die darauf folgende lebhafte Diskussion boten einen umfassenden Einblick in die komplexen Herausforderungen unserer Zeit und zeigten Wege auf, wie Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam an Lösungen arbeiten können. Die Veranstaltung verdeutlichte einmal mehr die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Dialogs und einer proaktiven Herangehensweise an die drängenden Fragen unserer Epoche.

Kristina Trink, CRO der Deutschen Kreditbank AG (DKB), widmete ihren Vortrag dem Thema „Transformation des Bankings in unsicheren Zeiten“ und schlug dabei eine Brücke zwischen den geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die zuvor von Prof. Dr. Andrea Römmele skizziert wurden, und den konkreten Auswirkungen auf die Finanzbranche. Mit einem klaren Fokus auf die Anpassungsfähigkeit von Banken betonte sie, dass Stabilität nicht als Festhalten am Status quo zu verstehen sei, sondern vielmehr als Fähigkeit, sich kontinuierlich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen.

Trink begann mit einer Analyse der aktuellen Lage in der Bankenlandschaft, die von geopolitischen Spannungen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und wachsenden regulatorischen Anforderungen geprägt sei. Sie verwies auf die zunehmende Bedeutung geopolitischer Risiken in Stressszenarien und Risikokalkulationen sowie auf die Herausforderungen durch anhaltende Rezessionen und steigende Kreditrisiken. Gleichzeitig wies sie auf die Komplexität neuer regulatorischer Vorgaben wie DORA oder ESG-Berichtspflichten hin, die Banken vor zusätzliche Belastungen stellten. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen unterstrich sie die Verantwortung der Banken, Unsicherheiten in der Gesellschaft abzufedern und aktiv Lösungen zu gestalten.

Ein zentraler Punkt ihres Vortrags war die Bedeutung von Resilienz – sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene. Resilienz sei kein angeborenes Talent, sondern eine Fähigkeit, die gezielt aufgebaut werden müsse. Gerade in Europa sieht Trink hier eine Schwachstelle: Nach langen Phasen des Wohlstands fehle oft die Bereitschaft oder Erfahrung im Umgang mit schwierigen Situationen. Sie plädierte dafür, Herausforderungen aktiv anzunehmen und als Chance zur Weiterentwicklung zu nutzen.

Am Beispiel der DKB erläuterte Trink konkrete Maßnahmen zur Transformation und Effizienzsteigerung. Sie schilderte das umfassende Transformationsprogramm der Bank, das 2023 aus einer Position der Stärke heraus initiiert wurde – trotz eines Rekordgeschäftsjahres mit einem Vorsteuerergebnis von über einer Milliarde Euro. Ziel war es, strukturelle Herausforderungen wie eine historisch gewachsene IT-Architektur mit Altlasten, komplexe Prozesse und einen hohen Anteil manueller Arbeit zu bewältigen. Trink betonte, dass Digitalisierung allein keine Lösung sei; vielmehr müsse zuerst Komplexität reduziert werden, um nachhaltige Effizienzgewinne zu erzielen.

Ein Beispiel aus dem Kreditgeschäft verdeutlichte diese Strategie: Die DKB reduzierte die Anzahl der Prozessschritte bei Kreditanträgen erheblich und bündelte Aufgaben in spezialisierten Einheiten. Dies führte nicht nur zu schnelleren Entscheidungen für Kunden, sondern auch zu einer höheren Arbeitszufriedenheit innerhalb der Teams. Im Privatkundengeschäft wurde ein KI-basierter digitaler Agent eingeführt, der Tausende Kundenanfragen automatisiert beantwortet – ein weiterer Schritt zur Verbesserung von Effizienz und Kundenerfahrung.

Trink hob hervor, dass Veränderung zunächst oft unbequem sei und Unsicherheit erzeuge – sowohl auf Führungsebene als auch bei Mitarbeitenden. Diese Unsicherheit müsse jedoch ausgehalten und aktiv gesteuert werden. Sie betonte die Notwendigkeit eines geschlossenen Vorstands und einer klaren Kommunikation innerhalb der Organisation, um Transformation erfolgreich umzusetzen.

Abschließend appellierte Trink an die Bankenbranche, den Wandel aktiv zu gestalten statt passiv auf äußere Umstände zu reagieren. Stabilität bedeute kontinuierliche Anpassungsfähigkeit – eine Fähigkeit, die nicht nur für Banken, sondern auch für Gesellschaften entscheidend sei. Trotz aller Herausforderungen zeigte sie sich optimistisch: Der Wirtschaftsstandort Deutschland und die deutsche Bankenbranche hätten weiterhin starke Wettbewerbsvorteile, deren Potenziale es zu nutzen gelte. Mit diesem positiven Ausblick schloss sie ihren Vortrag und rief dazu auf, mit Zuversicht und Entschlossenheit in die Zukunft zu blicken.

Der Programmpunkt zur ESG-Risikomodellierung bot eine facettenreiche Diskussion über die Herausforderungen und Chancen, die sich aus den wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Regulierung ergeben. Ullrich Hartmann, Financial Services Partner bei PwC, eröffnete mit einem Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Bereich ESG-Regulierung. Er beleuchtete insbesondere die Auswirkungen der EU-Richtlinien wie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und Taxonomie-Verordnung, die Unternehmen verpflichten, umfangreiche Berichte zu Nachhaltigkeitsaspekten zu erstellen. Hartmann kritisierte die Komplexität und den Umfang der Berichtspflichten, die oft mehrere Hundert Datenpunkte umfassen. Er schilderte anschaulich, wie diese Anforderungen für viele Unternehmen eine enorme Belastung darstellen – sowohl finanziell als auch organisatorisch. Ein Beispiel war eine Sparkasse, die allein für die Erstellung eines ESG-Berichts Millionen investieren musste, ohne dass der praktische Nutzen dieser Berichte klar erkennbar sei.

Hartmann führte aus, dass die EU mittlerweile Reformen anstrebe, um Redundanzen zu beseitigen und den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen zu verkleinern. Dabei sollen insbesondere kleinere Unternehmen entlastet werden. Dennoch bleibt unklar, wie diese Reformen umgesetzt werden und welche Datenpunkte tatsächlich wegfallen könnten. Hartmann plädierte für eine drastische Reduktion der Berichtspflichten und eine Vereinfachung der Taxonomie-Vorgaben, um den Unternehmen einen praktikableren Umgang mit ESG-Anforderungen zu ermöglichen.

Im zweiten Impuls sprach Bernd Rieck von CRIF über die Integration von ESG-Risiken in Risikomodelle. Er betonte, dass Umwelt- und Klimarisiken zunehmend Einfluss auf die Kreditwürdigkeit von Unternehmen nehmen und daher in die Bewertung einfließen müssen. Rieck hob hervor, dass ESG-Risiken nicht nur große Konzerne betreffen, sondern auch kleine Unternehmen erheblich beeinflussen können – etwa durch Naturkatastrophen oder regulatorische Veränderungen. Er erläuterte Ansätze zur Modellierung von ESG-Risiken und stellte fest, dass externe Datenquellen eine wichtige Rolle spielen könnten, um fehlende Informationen zu ergänzen. Besonders spannend war sein Hinweis auf neue statistische Verfahren, mit denen ESG-Faktoren in bestehende Risikomodelle integriert werden können.

Die anschließende Podiumsdiskussion griff zentrale Herausforderungen auf: Die Datenqualität und Datenverfügbarkeit wurden als größte Hindernisse identifiziert. Viele Banken verfügen noch nicht über ausreichend belastbare Daten, um ESG-Anforderungen vollständig zu erfüllen. Zudem wurde die Interpretationsbedürftigkeit der Regulierung kritisiert – oft seien Gesetze so komplex formuliert, dass sie erst durch zusätzliche Leitlinien verständlich würden.

Ein weiterer Diskussionspunkt war der praktische Nutzen der ESG-Regulierung. Während einige Teilnehmer optimistisch waren, dass langfristig bessere Daten zu einem effektiveren Risikomanagement führen könnten, äußerten andere Zweifel an der aktuellen Umsetzung. Besonders kritisch wurde angemerkt, dass viele Berichte zwar umfangreich seien, aber kaum verwertbare Erkenntnisse lieferten.

Abschließend wurde über mögliche Verbesserungen diskutiert. Hartmann schlug vor, den Zeitdruck bei der Umsetzung zu reduzieren und Prüfungsanforderungen zunächst auszusetzen, um Unternehmen mehr Spielraum zu geben. Zudem plädierte er für eine radikale Vereinfachung der Taxonomie-Vorgaben – statt hunderter Datenpunkte könnten wenige Schlüsselindikatoren ausreichen, um Nachhaltigkeit sinnvoll zu bewerten.

Der Programmpunkt zeigte eindrucksvoll die Spannungsfelder zwischen regulatorischen Anforderungen und praktischer Umsetzbarkeit auf. Trotz aller Herausforderungen waren sich die Teilnehmer einig: ESG ist ein unverzichtbares Thema für die Zukunft des Kreditmarktes – allerdings bedarf es einer grundlegenden Reform der bestehenden Vorgaben, um nachhaltige Fortschritte zu erzielen.

Der Programmpunkt zum Thema „Datensicherheit und Einsatz von KI im Spannungsfeld von Verbraucherschutz und Kreditrisikomanagement“ beim Management-Tag 2025 bot eine tiefgehende Analyse der Rolle künstlicher Intelligenz (KI) in der Finanzbranche. Prof. Dr.-Ing. habil. Gerhard Wunder, Leiter des Forschungszentrums für Cyber Security and AI an der Freien Universität Berlin, führte die Teilnehmer durch die komplexen Herausforderungen und Chancen, die mit dem Einsatz von KI verbunden sind. Sein Vortrag wurde durch eine anschließende Podiumsdiskussion ergänzt, die Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis zusammenbrachte.

Prof. Wunder begann mit einer Einführung in die technischen Grundlagen moderner KI-Systeme, insbesondere sogenannter Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT. Er erklärte, dass diese Modelle auf einer token-basierten Verarbeitung basieren, bei der Texte in kleinste Einheiten zerlegt werden. Diese Methode ermöglicht zwar beeindruckende semantische Operationen, offenbart jedoch auch Schwächen – etwa die Unfähigkeit, Buchstaben zu zählen oder komplexe mathematische Aufgaben zuverlässig zu lösen. Wunder betonte, dass KI-Systeme nicht auf kausales Denken ausgelegt sind, sondern Muster in Daten erkennen und darauf basierend Entscheidungen treffen.

Ein zentrales Thema seines Vortrags waren die Risiken und Manipulationsanfälligkeit von KI. Wunder wies darauf hin, dass KI-Systeme sogenannte „Halluzinationen“ erzeugen können – also Inhalte generieren, die faktisch falsch oder erfunden sind. Technische Ansätze wie Watermarking sollen solche Fehler minimieren, sind jedoch nicht vollständig zuverlässig und können durch einfache Umgehungsstrategien wie Übersetzungen ausgehebelt werden. Darüber hinaus zeigte er auf, wie gezielte Eingriffe in die Verarbeitungskette von KI-Systemen dazu genutzt werden können, deren Ausgaben zu manipulieren – ein Risiko insbesondere im Kontext von Cyberangriffen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde der Einsatz von KI in der Finanzbranche aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Gaby Kabbert (Regis24), Andrej Eichler (Finnofleet) und Lars Löffelholz (Commerzbank) diskutierten konkrete Anwendungsfälle sowie die Herausforderungen bei der Implementierung solcher Technologien. Die Commerzbank nutzt beispielsweise über 200 KI-Modelle für unterschiedliche Aufgaben – von Chatbots bis hin zur automatisierten Dokumentenanalyse. Dabei wurde hervorgehoben, dass KI zwar Entscheidungen erklären kann, diese jedoch oft nicht vollständig nachvollziehbar sind.

Ein weiteres Praxisbeispiel lieferte Regis24, ein Unternehmen, das KI zur Bonitätsprüfung und Schuldenermittlung einsetzt. Trotz einer Trefferquote von 99 % wurde betont, dass Transparenz entscheidend ist, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu sichern und rechtliche Risiken zu minimieren. Die Diskussion machte deutlich, dass der Einsatz von KI in sensiblen Bereichen wie der Kreditvergabe stets mit einer Balance zwischen Effizienzsteigerung und ethischen sowie regulatorischen Anforderungen verbunden ist.

Ein zentraler Punkt des Programms war die bevorstehende EU-KI-Verordnung (KI Act), die ab 2025 neue Standards für Transparenz und Fairness bei KI-gestützten Entscheidungen setzt. Prof. Wunder kritisierte die mangelnde technische Umsetzbarkeit vieler Vorgaben und betonte die Notwendigkeit praxisnaher Lösungen. Insbesondere bei automatisierten Kreditentscheidungen könnten Diskriminierungsvorwürfe entstehen, wenn Trainingsdaten nicht sorgfältig geprüft werden oder Verzerrungen enthalten.

Die Diskussion zeigte auch die Schwierigkeiten bei der Umsetzung regulatorischer Anforderungen: Banken müssen sicherstellen, dass ihre Modelle nicht nur effizient arbeiten, sondern auch den strengen Transparenzpflichten genügen. Gleichzeitig bleibt unklar, wie technische Maßnahmen wie Watermarking oder Fairness-Tests konkret umgesetzt werden können.

Der Programmpunkt verdeutlichte eindrucksvoll das Potenzial von KI für die Finanzbranche – von effizienteren Prozessen bis hin zu neuen Möglichkeiten im Risikomanagement. Gleichzeitig wurden jedoch auch die Grenzen und Risiken dieser Technologie aufgezeigt. Prof. Wunder schloss seinen Vortrag mit einem Appell an die Branche: Es sei entscheidend, sowohl technische als auch ethische Herausforderungen aktiv anzugehen, um das Vertrauen in KI-basierte Systeme langfristig zu sichern. Die Podiumsdiskussion unterstrich diesen Punkt und zeigte Wege auf, wie Banken und Unternehmen den Spagat zwischen Innovation und Compliance meistern können.

Der Programmpunkt zur EU-Kreditdienstleister-Richtlinie bot einen umfassenden Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen bei der Umsetzung dieser neuen Regulierung. Freda Stockfleth von EOS eröffnete die Diskussion mit einem Überblick über den Anwendungsbereich und die beteiligten Akteure. Sie erläuterte, dass die Richtlinie gekaufte Ansprüche aus notleidenden Kreditverträgen reguliert, die von in der EU ansässigen Unternehmen ursprünglich begeben wurden. Dabei werden Kreditdienstleister, Kreditkäufer und Kreditverkäufer unterschiedlich reguliert, wobei Kreditdienstleister eine Zulassung benötigen.

Stockfleth betonte, dass die Umsetzung der Richtlinie in den EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich voranschreitet. Bis Ende 2023 hätten alle Länder die Richtlinie umsetzen sollen, tatsächlich haben dies aber nur etwa 50% geschafft. Die EU-Kommission hat inzwischen sogar Vertragsverletzungsverfahren gegen säumige Staaten eingeleitet. Die Referentin hob auch die teilweise erheblichen Unterschiede in der nationalen Umsetzung hervor, etwa bei der Behandlung von Anwälten und Notaren oder der Erlaubnis zur Annahme von Geldern durch Kreditdienstleister.

Dr. Burkhard Heppe von Accuria fokussierte sich in seinem Beitrag auf die praktischen Herausforderungen bei der Umsetzung, insbesondere im Hinblick auf Datenstandards wie die EBA-Templates. Er sieht in der zusätzlichen Regulierung auch Chancen zur Professionalisierung der Branche und zur Anziehung institutioneller Investoren. Heppe diskutierte zudem die Auswirkungen auf Portfoliotransaktionen und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, etwa im Bereich der Fintechs.

Timur Peters von Debitos beleuchtete die Auswirkungen der Richtlinie auf die Marktliquidität und die Konsolidierung in der Branche. Er beobachtete eine Reduzierung der aktiven Investoren, sieht aber gleichzeitig eine Professionalisierung der verbleibenden Marktteilnehmer. Peters betonte die Herausforderungen für kleinere Banken und Dienstleister, die nun einen zugelassenen Kreditdienstleister für ihre Transaktionen finden müssen.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, an der auch Dr. Marcel Köchling von der PRA Group und Boris Rickmann von der Deutschen Bank teilnahmen, wurden weitere Aspekte beleuchtet. Die Teilnehmer diskutierten die Auswirkungen auf den Wettbewerb, wobei die Meinungen darüber, ob die Richtlinie ihr Ziel einer Marktbelebung erreicht hat, geteilt waren. Einige Teilnehmer sahen eine Konsolidierung und Professionalisierung des Marktes, während andere auf mögliche Markteintrittsbarrieren für kleinere Akteure hinwiesen.

Insgesamt zeigte die Diskussion, dass die Kreditdienstleister-Richtlinie tiefgreifende Veränderungen in der Branche bewirkt, deren volle Auswirkungen sich erst in den kommenden Jahren zeigen werden. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die Umsetzung der Richtlinie sowohl Herausforderungen als auch Chancen für die Branche bietet und dass eine sorgfältige Beobachtung der weiteren Entwicklungen notwendig sein wird.