NPL-Markt
Definition und Bedeutung von Non-Performing Loans (NPLs)
Notleidende Kredite (NPLs) gewinnen in schwierigen wirtschaftlichen Situationen zunehmend an Bedeutung für Finanzinstitute. Trotz zahlreicher Erklärungsversuche fehlt eine einheitliche, rechtlich verbindliche Definition. Grundsätzlich gelten Kredite als notleidend, wenn Zins- und Tilgungsleistungen unwahrscheinlich oder erheblich gestört sind.
Verschiedene Institutionen wie die BaFin, der IWF und die EBA haben Definitionen und Richtlinien für NPLs entwickelt. Die EZB-Definition, die häufig als Orientierung dient, bezeichnet Kredite als notleidend, wenn sie mehr als 90 Tage überfällig sind oder eine vollständige Rückzahlung unwahrscheinlich erscheint.
A loan is only deemed non-performing if it is in default or close to default. More precisely, a loan is non-performing when payments of interest and principal are past due by 90 days or more, in accordance with the Basel II definition of default, or when there are good reasons to doubt that debt payments will be made in full. (Quelle)
Aufsichtsrechtlich gibt es durch EZB, EBA und die Kapitaladäquanzverordnung (CRR) mittlerweile klarere Vorgaben. Die Rechnungslegungsstandards IFRS 9 definieren wertgeminderte finanzielle Vermögenswerte anhand von Ereignissen mit negativen Auswirkungen auf künftige Zahlungsströme.
In Deutschland hat sich der Umgang mit NPLs in den letzten Jahren verändert. Während der Verkauf im unbesicherten Mengengeschäft zur Standardlösung geworden ist, gilt dies für andere Segmente noch nicht. Das 2023 in Kraft getretene Kreditzweitmarktgesetz setzt neue Rahmenbedingungen für den Verkauf und die Übertragung von NPLs.
Trotz Harmonisierungsbestrebungen bleibt die genaue Definition und Behandlung von NPLs komplex und abhängig vom jeweiligen Kontext. Eine einheitliche Ausfalldefinition zu erreichen, stellt weiterhin eine Herausforderung dar. Für Banken und Finanzinstitute ist es wichtig, die verschiedenen regulatorischen Anforderungen zu kennen und in ihre Risikomanagementprozesse zu integrieren.
Für weiterführende Informationen siehe Claus Radünz: „Was sind NPLs? Der Versuch einer Begriffsbestimmung von notleidenden Krediten“ in der BKS-Jahrespublikation 2023/2024 sowie im Buch „Grundlagen des NPL-Geschäftes“.
Entwicklung des NPL-Marktes in Deutschland und Europa
Der NPL-Markt in Deutschland und Europa hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt. Viele Banken haben ihre NPL-Portfolios deutlich reduziert, auch getrieben durch den wachsenden aufsichtsrechtlichen Druck. Die EZB und nationale Aufsichtsbehörden haben Banken zu einer proaktiven Reduzierung ihrer Risikopositionen gedrängt.
Gleichzeitig ist das Interesse von Investoren an NPL-Portfolios stark gestiegen. Spezialisierte Investoren sehen in NPLs attraktive Renditechancen. Durch den Einsatz von Expertise und Kapital können die Werte der Kredite gehoben und Verluste minimiert werden. Investoren setzen dafür auf Strategien wie Restrukturierung, Verwertung von Sicherheiten oder den Weiterverkauf von Forderungen.
Transaktionsprozess und Servicing von NPL-Portfolios
Für den Verkauf von NPL-Portfolios beauftragen Banken in der Regel spezialisierte Transaktionsberater. Diese unterstützen bei der Aufbereitung und Analyse der Portfoliodaten, der Erstellung von Investorenmaterialien, der Durchführung von Bieterverfahren und der Vertragsverhandlung. Für Investoren ist eine detaillierte Due Diligence entscheidend, um Chancen und Risiken der Assets einschätzen zu können.
Nach dem Erwerb eines NPL-Portfolios übertragen Investoren das Servicing, also die Verwaltung und das Management der Kredite, an spezialisierte Kreditservicer. Diese übernehmen das Forderungsmanagement, den Kontakt zu Kreditnehmern, die Überwachung von Zahlungseingängen und die Verwertung von Sicherheiten. Durch Spezialisierung und Skaleneffekte können Servicer die Wertschöpfung aus den Portfolios optimieren. Innovative Ansätze wie der Einsatz von KI und Analytics zur Schuldneranalyse gewinnen im Servicing zunehmend an Bedeutung.
Literaturempfehlungen:
Claus Radünz: Was sind NPLs? Der Versuch einer Begriffsbestimmung von notleidenden Krediten.
In: Marcel Köchling / Christoph Schalast (Hg.)
Grundlagen des NPL-Geschäftes
4., vollständig aktualisierte Auflage 2024
500 Seiten, Hardcover, 89,90 EUR
ISBN 978-3-95647-226-8